Feldkapelle "Heilig Kreuz"
Die „Heilig-Kreuz-Kapelle“, eine Weg- und Feldkapelle am historischen Verkehrsweg nach Waiblingen gelegen, bezeugt den jahrhundertealten Gedanken von Stations- und Besinnungswegen. Vom Ausgangspunkt des "Waiblinger Wegs" an der "Hägemer Vorstadt" (heute: Hegnacher Straße) gab es ab 1776 einen Kreuzweg bis zur Kreuzkapelle, sozusagen einen Vorläufer des Besinnungswegs. Man kann davon ausgehen, dass etwa alle 40 Meter eine Station gewesen ist. Leider ist über deren Beschaffenheit und spätere Wegnahme nichts überliefert.
Die Ursprünge des im Volksmund nur „s’Kapelle“ genannten Baues sind nicht bekannt. Im 17. Jahrhundert wurde er mit kunsthistorisch bemerkenswertem „Wessobrunner Stuck“ ausgestaltet, vermutlich durch einen am Ludwigsburger Schloss tätigen Stuckateur-Meister aus Bayern. Den Namen bestimmte ein barockes Kruzifix in der Apsis. Dieses wurde im Zuge der marianischen Bewegung 1934 durch das Relief der „Schönstatt-Madonna“ (Bildhauer Hans Retzbach; 1888-1960) ersetzt und im Gewölbebogen angebracht. Es wurde um 1980 geraubt.
In diesen Zusammenhang fällt auch die Lebensgeschichte des aus Oeffingen stammenden Pallottinerpaters Albert Eise. Durch ihn wurde die Kapelle zum religiösen Zentrum der von ihm in den 1930ern angeregten und geistlich betreuten Gruppen im Ort. Seine entschiedene, theologisch begründete Gegnerschaft zum NS-Regime brachte ihn ins KZ Dachau, wo man in 1942 an der Hungerruhr zugrunde gehen ließ.
Der unbekannte Ursprung, die Stuckierung aus dem 17. Jahrhundert, der Wandel in Widmung und Funktion während der NS-Zeit belegen eindrucksvoll die Verbindungen zwischen Kunst, Religion und Wertvorstellungen. Im überkonfessionellen Projekt Besinnungsweg sie sind das grundlegende Prinzip. In allen Gesellschaften münden Fragen nach transzendenten Inhalten, an sich überhaupt selbst schon konstitutiv für Menschwerdung, früher oder später auch in kreative, epochengebundene künstlerische Umsetzungen.
Fellbacher Zeitung vom 30.11.2018