Grenzen - Elmar Hermann - 2025
Ein Uhu auf einem Baumstamm hockend blickt in Richtung der benachbarten Skulptur „Freiheit“. Tatsächlich würde sich kein Uhu bei Tage derart exponiert im freien Feld auf einem Baumstamm niederlassen.
Der Künstler Elmar Hermann bezieht sich mit seiner Arbeit auf die sogenannte Hüttenjagd, eine Jahrhunderte alte Methode mittels eines Lockvogels Krähen zu bejagen. Krähen haben ihr Habitat, Uhus haben ihr Habitat. Räumlich überschneiden, durchdringen und bedingen sich diese Lebensräume in einer Art Gleichgewicht unter allen Bewohnern im Ideal einer unberührten Natur.
Begrenzt wird die Besiedlungsdichte durch Futterangebot und Dominanz der jeweiligen Bewohner. Die Grenzen sind ständig in Bewegung durch Tod, Krankheit, Konkurrenz, Klima, evolutorische Entwicklung der einzelnen Spezies aber natürlich vorhanden.
Menschen haben Habitate im Verlaufe der Evolution mit den Tieren geteilt. Nun haben die Menschen irgendwann angefangen zu denken. In unserem Beispiel kamen sie auf die Idee, Krähen dadurch zu bejagen, indem sie einen Uhu auf einem Pfahl festbinden. Krähen wollen den Fressfeind bekämpfen und geraten so vor die Flinten der Menschen. Schlau eigentlich, aber natürlich eine perfide Grenzüberschreitung im Sinne der Idee einer „unberührten“ selbstregulierenden Natur.
Menschengeformte Habitate überschreiten zwangsläufig Grenzen. Jedenfalls innerhalb der romantischen Idee einer unberührten Natur. Ohne geht’s eben nicht. Das menschliche Hirn ist einfach schneller als die Evolution und verschafft denjenigen, die eines besitzen, einen gewissen (langfristigen?) Vorteil.
Ein Umfeld, in dem sich Menschen herumtreiben, wird immer und zwangsläufig kein „natürliches“ sein. Vordringliches Ziel aller menschlicher Habitat-Utopien ist die Arterhaltung möglichst mit Jacuzzi und Alkohol.
Es stellt sich die Frage nach dem Maß, nach der Verantwortung des Menschen als Hervorbringung der Natur in der Natur. Wo sind die Brandmauern, wo liegen die Grenzen zwischen Möglichem und ethisch Vertretbarem? Wie frei sind wir in unseren Entscheidungen? Diese grundlegenden Erwägungen schließen alle daraus resultierenden Fragen bis hin zu territorialen Grenzen und damit verbundenen Kriegen mit ein.