Stuttgarter Zeitung vom 08.02.2020 - Fellbach & Rems-Murr-Kreis Seite III
Gelebte Geschichten in der Galerie der Stadt
Lesung Mitglieder der Göppinger Schreibwerkstatt für Frauen mit Migrationserfahrung kommen nach Fellbach. Ingrid Sachsenmaier
Veranstaltungen des Fördervereins Besinnungsweg finden in der Regel in Oeffingen statt, an den jeweiligen Stationen und Kunstwerken. „Kunst und Licht“ im Sommer bei Sonnenuntergang oder frühmorgens die Meditation bei Sonnenaufgang haben bereits Tradition. Für ein neues Veranstaltungsformat hat sich der Verein jetzt eine neue Veranstaltungsstätte gesucht – und in der Galerie der Stadt Fellbach gefunden. Mitglieder der Göppinger Schreibwerkstatt für Frauen mit Migrationserfahrung kommen am Valentinstag zur Lesung in die Galerie.
Bei der Göppinger Schreibwerkstatt treffen sich seit einigen Jahren neun Frauen aus neun Nationen regelmäßig in der Stauferstadt. Sie schreiben auf, was sie erlebt haben und aktuell erleben, sie erinnern sich, sie träumen, denken sich Dinge aus, lassen ihre Fantasie spielen. Bei der Gruppenlesung am Freitag, 14. Februar, um 19 Uhr in der Galerie der Stadt Fellbach stellen sie einige ihrer Texte vor und erzählen von deren Entstehungsprozessen. Der Eintritt ist kostenfrei.
„Jetzt und hier“ heißt der Band mit Erzählungen und Lyrik aus der Feder der neun Autorinnen mit Migrationshintergrund. Ihre Muttersprachen sind Tagalog, Vietnamesisch, Italienisch, Serbokroatisch, mexikanisches Spanisch, kanadisches Englisch, Rumänisch, Finnisch, Türkisch. In der Schreibwerkstatt für Frauen mit Migrationserfahrung entstehen wundervolle Geschichten, die die Autorinnen in deutschsprachige Kurzprosa und Lyrik kleiden. Die Qualität und Sprache der Texte berühren dabei gleichermaßen. Christiane Ebner, sie gehört dem Vorstand des Fördervereins Besinnungsweg an, hatte die Idee, einige der Autorinnen aus Göppingen nach Fellbach einzuladen. Sie hat den Kontakt hergestellt und ist beim Galerie-Leiter Heribert Sautter sofort auf Interesse gestoßen. „Ich finde es toll, dass sich der Besinnungsweg-Verein für neue Dinge und andere Formate öffnet,“ sagt Sautter.
Die Stadt Fellbach sei ja dadurch, dass sie dem Verein die entsprechenden Flächen für die Besinnungsstationen auf den Feldern in Oeffingen zur Verfügung stelle, auch am Besinnungsweg beteiligt und somit aufgeschlossen für diese Verzahnung von Kunst und Kultur – etwa jetzt in den Räumen der Galerie. Sautter sieht darin auch eine Bereicherung für „seine“ Galerie. Die Schreibwerkstatt für Frauen mit Migrationshintergrund sei längst zu einer festen Institution der Göppinger Integrationsarbeit geworden, heißt es im Vorwort zu dem knapp 120 Seien starken Büchlein „Jetzt und hier“, das 2019 erschienen ist. Darin findet sich ein reicher Fundus an Lebensgeschichten, Beobachtungen, Hintergründigem zu den Begriffen „jetzt“ und „hier“, eingeteilt in Kapitel wie „Eile,“ „Frauen“ oder „Meer“ und “Übergänge“. Ein breites Spektrum, das spannende und sehr persönliche Eindrücke auffächert.
Der Valentinstag scheint als Tag prädestiniert zu sein, um mehr aus dem Leben dieser Frauen zu erfahren. Und das vor dem Hintergrund der Ausstellung von Valentin Vitanov, der vor 30 Jahren nach Fellbach gekommen ist und in seinen Werken von Menschen erzählt. Eine schöne Fügung für dieses neue Format. Heribert Sautter hofft und wünscht sich, dass es in Zukunft noch mehr solcher Veranstaltungen gibt.