ACK Gottesdienst im Grünen am Pfingstmontag, 06.06.2022 um 11 Uhr
mit Pfr. Markus Eckert, Anne M. Hansen (Predigt) u. Pfr. Amedeus Macha
Besinnungsort Frieden / Bridge of Peace
Der ACK Fellbach (Arbeitskreis Christlicher Kirchen) hatte, wie schon in den letzten Jahren eingeladen zu einem ökumenischen Gottesdienst am Pfingstmontag auf dem Besinnungsweg und viele Besucher waren bei schönem Wetter gekommen.
Der Gottesdienst wurde geleitet von Pfarrer Markus Eckert (evangelische Kirche Schmiden-Oeffingen), Pastorin Anne M. Hansen (Mennonitengemeinde Stuttgart) und Pfarrer Amedeus Macha (katholische Kirche). Der Posaunenchor Schmiden-Oeffingen unter Leitung von Dagmar Rothwein begleitete den Gottesdienst musikalisch.
In ihrer Predigt nahm Pastorin Hansen Bezug auf den Besinnungsort "Frieden" von Dani Karavan, die aktuelle Weltlage vor allem in der Ukraine und die Rolle Christi und des Heiligen Geistes.
Frau Pastorin Anne M. Hansen hat uns gestattet, ihre Predigt im folgenden hier wiederzugeben. Dafür herzlichen Dank.
Weitere Bilder vom ökumenischen Pfingstgottesdienst beim Besinnungsort "Frieden" finden Sie unten.
Predigt von Pastorin Anne M. Hansen am Pfingstmontag, 06.06.2022 am Besinnungsort Frieden
Jesaja 11,1-6 (LUT 2017)Jesaja 11,1-6 (LUT 2017)
1Und es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen.
2 Auf ihm wird ruhen der Geist des HERRN, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des HERRN.
3 Und Wohlgefallen wird er haben an der Furcht des HERRN. Er wird nicht richten nach dem, was seine Augen sehen, noch Urteil sprechen nach dem, was seine Ohren hören,
4 sondern wird mit Gerechtigkeit richten die Armen und rechtes Urteil sprechen den Elenden im Lande, und er wird mit dem Stabe seines Mundes den Gewalttätigen schlagen und mit dem Odem seiner Lippen den Gottlosen töten.
5 Gerechtigkeit wird der Gurt seiner Lenden sein und die Treue der Gurt seiner Hüften.
6 Da wird der Wolf beim Lamm wohnen und der Panther beim Böcklein lagern. Kalb und Löwe werden miteinander grasen, und ein kleiner Knabe wird sie leiten.
Der letzte Vers aus dem Predigttext ist der Leitspruch für diesen Besinnungsort. Dani Karavan, der als einer der bedeutendsten Künstler unserer Zeit bezeichnet wurde, hat sich diesen Vers aus dem Jesaja-Buch ausgesucht. Er bezeichnet damit ein Ideal, das mit der „Bridge of Peace“, Brücke des Friedens Ausdruck findet. Auf beiden Seiten der Brücke wachsen unterschiedliche Pflanzen. Sie stehen für kulturelle, nationale oder ethnische Gruppen. Sie stehen da in ihrer Vielfalt und Unterschiedlichkeit und weisen hin auf die unterschiedlichen Identitäten der Einzelnen. Sie sind miteinander verbunden von der Brücke, die für Aussöhnung und Frieden steht. So wie Wolf und Lamm ihre Identität behalten werden und dennoch friedlich nebeneinander liegen.
Was für ein Bild! Was für eine Vision! Sie ist so groß und fühlt sich so unerreichbar an, dass man schon meinen könnte, es wäre utopisches Wunschdenken. Wenn wir in die Weltgeschichte schauen, sehen wir, wie ein Krieg den anderen ablöst. In den letzten Monaten ist uns das nochmal bewusster geworden. Der Angriffskrieg in der Ukraine hat uns schmerzlich gezeigt, dass wir nicht in einem Zeitalter der Diplomatie und des Friedens leben. Er hat uns vielmehr neu erkennen lassen, wie viele Kriegsherde es auf dieser Welt gibt. Diese Erkenntnis verstärkt den Wunsch nach Frieden. Und in dem Wunsch nach Frieden erkennen wir auch die Spannung, die beim Versuch des Brückenbauens aufkommt. Die Spannung zwischen dem Wunsch nach Pazifismus, nach Gewaltfreiheit - und dem Wunsch der Verteidigung. Die Spannung zwischen dem Wunsch nach Abgrenzung, nach einem Embargo - und dem Wunsch, sich anzunähern, wieder zusammen zu kommen.
Ein Wunsch, eine Aufgabe, die überwältigt. Die uns ratlos macht.
In diese Ratlosigkeit hinein hören wir die Worte des Propheten Jesaja.
Er malt ein unglaubliches Bild des Friedens. Ein Lamm, das normalerweise vor dem Wolf fliehen und um sein Leben fürchten muss, wird neben dem Wolf liegen und friedlich verweilen. Der Leopard, der normalerweise andere Jungtiere als gefundenes Fressen verspeist, wird dem Böckchen nichts antun. Und auch nicht der Löwe dem Kalb.Zustände, die uns heute nahezu unmöglich erscheinen. Ein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit.Der Prophet Jesaja spricht uns diese Verheißung zu. Er kündigt ein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit an. Er spricht uns zu: Dieses Friedensreich, nach dem Ihr Euch so sehr sehnt, wird kommen!Gott selbst wird es bauen durch seinen Sohn Jesus Christus. Der Spross aus dem Stumpf Isais, der Nachkomme von König David.Jesus war bereits hier und er hat versprochen, wiederzukommen (vgl. Mt 24). Wenn er kommt, wird er einen ewigen Frieden bringen. Erfüllt vom Heiligen Geist wird Jesus ein König sein, der weise und verständig ist. Der immer einen Rat weiß, der stark und mächtig ist, der treu und gerecht ist. Ein König, der kein vorschnelles Urteil fällt, sondern direkt in die Herzen der Menschen sieht. Das alles kann nur Jesus, weil er Gottes Sohn ist. Und nur Jesus kann dieses ewige Friedensreich bauen. (vgl. Röm 8,19-25)
So ernüchternd das klingen mag, aber wir Menschen sind nicht in der Lage dazu, diesen endgültigen Frieden herzustellen.
Diese Erkenntnis kann frustrierend sein für uns: Sind unsere eigenen Bemühungen für den Frieden etwa alle umsonst? Werden sie früher oder später scheitern? Macht es dann überhaupt Sinn, mühevoll Brücken des Friedens bauen zu wollen?
Ja, es macht Sinn. Und nicht nur das, es ist auch unsere Aufgabe. Die Verheißung im Jesaja-Buch hat auch eine Bedeutung für unsere Zeit heute. Wir haben die Aufgabe jetzt schon in der Perspektive auf das ewige Friedensreich zu leben. Wir haben die Aufgabe, jetzt schon in unserer Person dazu beizutragen, dass der Frieden in dieser Welt wächst. Als Kinder Gottes sind wir beauftragt, die Liebe, die Freude und die Schönheit von Gott in diese Welt hineinzutragen. Schon jetzt, auf Jesus als den König des Friedens zu schauen und unser Leben von seinem Frieden prägen zu lassen. Schon heute nach den Regeln von diesem König des Friedens zu leben. Auch, wenn wir wissen: Wir können dieses Friedensreich nicht aufrichten. Das kann nur Jesus. Und wir haben das Versprechen, dass er es auch tun wird, wenn er wiederkommt.
Aber bis es soweit ist, haben wir den Auftrag, schon jetzt den Frieden zu fördern.
Dafür nochmal ein Blick auf diesen Besinnungsort von Dani Karavan.
Im Hintergrund der Brücke sehen wir Schienen. Diese Schienen erinnern daran, dass die Vergangenheit, die Geschichte immer ein Teil unserer Lebenswirklichkeit bleibt. Zukünftige Entscheidungen müssen im Blick auf die Vergangenheit reflektiert und getroffen werden. Damit die Entscheidungen und die daraus resultierenden Taten auch wirklich Brücken des Friedens bauen. Auch da, wo die Vergangenheit Klüfte hinterlässt.
Neulich habe ich ein Zitat gehört, das ich sehr weise und vorausschauend finde. Es stammt von einem Ukrainer, der gesagt hat: „Wir [Ukrainer] sind zur Versöhnung mit Russland aufgerufen, aber das wird drei Generationen dauern.“ Er ruft zur Versöhnung auf, er ruft auf, einander zu vergeben und Brücken des Friedens zu bauen. Gleichzeitig ist er sich bewusst, dass das kein Leichtes wird. Er weiß um die riesige Kluft, die da überwunden werden muss. Und dennoch gibt er die Hoffnung nicht auf, lässt den Mut nicht sinken. Auch nicht dann, wenn die Früchte dieser Arbeit sehr langsam wachsen werden.
Diesen Ukrainer möchte ich uns zum Vorbild nehmen. Wir wissen, dass wir Menschen auf dieser Erde keinen endgültigen Frieden schaffen können. Das ist allein Jesus Christus vorenthalten, wenn er wiederkommt. Nur ER hat die Macht und die Weisheit, das zu vollbringen. Und dennoch können wir heute da,wo wir sind, da wo wir leben, da wo wir betroffen sind, anfangen, Brücken des Friedens zu bauen.
Und gleichzeitig können wir das nicht aus eigener Kraft. Dafür brauchen wir den Heiligen Geist.
Und daran möchte ich heute an Pfingsten erinnern. Jesus hat uns den Heiligen Geist dagelassen, der uns tröstet und uns befähigt. Wir dürfen offen sein, um Gottes Geist in uns wirken zu lassen. Wir dürfen den Heiligen Geist einladen, in unser Leben zu kommen, unser Herz zu verändern und unser Denken zu formen. Durch die Kraft des Geistes werden wir befähigt, Brücken des Friedens zu bauen. Durch die Kraft des Geistes werden wir befähigt, anderen zu vergeben und Schritte aufeinander zuzugehen. Durch die Kraft des Geistes sind wir in der Lage, Frieden zu stärken und die Liebe Gottes in diese Welt hineinzutragen.
Dafür dürfen wir jeden Tag neu im Gebet den Heiligen Geist einladen, uns auszufüllen und unser Denken, Fühlen und Handeln zu prägen.
Ich möchte mit einem Gebet von dem Kirchenvater Augustinus abschließen. Mit diesem Gebet, können wir Gottes Geist bitten, in uns zu wirken und uns zu befähigen, Brücken des Friedens zu bauen:
Atme in mir, Du Heiliger Geist,
dass ich Heiliges denke.
Treibe mich, Du Heiliger Geist,
dass ich Heiliges tue.
Locke mich, Du Heiliger Geist,
dass ich Heiliges liebe.
Stärke mich, Du Heiliger Geist,
dass ich Heiliges hüte.
Hüte mich, Du Heiliger Geist,
dass ich das Heilige nimmer verliere.
Augustinus (354-430 n.Chr.)
© Anne M. Hansen MENNONITENGEMEINDE STUTTGART e.V. www.mennoniten-stuttgart.de